Ein Vortrag über Zecken? Diese miesen kleinen Viecher, die für nix gut sind, aber schreckliche Krankheiten übertragen können? Könnte unangenehm werden. Wenn aber unser Mitglied Klaus so einen Vortrag hält, im Anschluss an die Ackertagsbrotzeit, wird es einfach nur spannend. Denn: Wir müssen so ein Tierchen nicht lieben. Aber wir dürfen auch hier bei maximal 4mm Länge und 3mm Breite über die Wunder der Natur staunen. Und so sogar der Zecke ein wenig Respekt entgegenbringen.

Erst die Arbeit, dann das Brot und hinterher: Wurzelwissen, heute serviert von Mitglied Klaus.

Zecken (unsere Zecken heißen „Holzbock“) sind winzig, aber mit einer unglaublichen Bandbreite von Fähigkeiten ausgestattet, um das tun zu können, was ihr Job ist: Blut saugen um erwachsen zu werden, und Blut saugen um Eier ablegen zu können. Damit neue Blutsauger in die Welt schlüpfen. Spektakuläre Bilder von bis zu 30.000 facher Vergrößerung und die detaillreichen Erzählungen von Klaus ließen uns ZuhörerInnen ordentlich staunen.

Die Zecke läuft auf Haftpolstern über die Haut, um mit ihren spitzen Krallen keine Aufmerksamkeit zu erregen.

Zecken sitzen z.B. an einem Grashalm und warten, gerne auch ein Jahr und mehr, ob jemand geeignetes vorbeimarschiert. Wenn der Hund, die Katze, das Reh, der Mensch oder die Eidechse so nahe kommt, dass eine Berührung stattfindet, ist die Zecke blitzschnell auf ihrem Wirt. Dort krabbelt sie umher, bis ihre winzigen Härchen signalisieren, dass hier an dieser Stelle eine geeignete Ader direkt unter der Hautoberfläche liegt. Denn die Härchen nehmen feinste Temperaturunterschiede wahr. Und sehr wahrscheinlich fühlt die Zecke auch die Vibration des fließenden Blutes. Mit einer Art Schäufelchen schiebt die Zecke abgestorbene Hautschuppen beiseite. Sie sondert ein Betäubungsmittel ab, damit der Wirt nicht so viel von ihrem Tun mitbekommt. Dann bohrt sie ihren eindrucksvoll aufgebauten Rüssel durch die Haut, er ist nur 0,2 mm lang. Und zieht einen weiteren Trumpf aus der Tasche, nämlich ein Mittel gegen die Blutgerinnung. Ob die Zecke tatsächlich saugt, oder sie sich die Blutkörperchen eins nach dem anderen durch den Puls in den Schlund pumpen lässt, darüber wird noch gestritten. Nächstes Wunder: Die Zeckenhaut liegt in so vielen Falten, dass sich die Zecke so richtig volllaufen lassen und dick wie eine Erbse werden kann. Dann lässt sie sich fallen und verdaut um zu wachsen – oder eben um die Eier abzulegen und selbst zu sterben.

Weibliche Zecken vergrößern ihr Volumen während einer Blutmahlzeit um ein Vielfaches. Das wird durch eine in Falten liegende Haut ermöglicht. Bei männlichen Zecken bedeckt der Rückenschild im Gegensatzt zum weiblichen Tier den gesamten Körper. Das Millimeterpapier verdeutlicht wie klein Zeckenlarven sind. Die Larven haben nur 6 Beine. Das vierte Beinpaar entwickelt sich erst bei der Häutung zur Nymphe, also sozusagen vom Baby zum Teenager.

Was weder Klaus noch die BiologInnen dieser Welt liefern können: Einen überzeugenden Grund, warum es Zecken überhaupt braucht auf der Welt. Vielleicht hilft der Denkansatz: Nichts existiert umsonst. Ansonsten heißt es, mit den Zecken umzugehen, jedenfalls für alle, die sich gerne in der Natur aufhalten, auch im sogenannten Hochrisikogebiet hier bei uns.

Dafür gilt: Ja, ein Zeckenbiss kann tödlich ausgehen, durch die mögliche Übertragung von FSME-Viren. Und er kann durch die Borreliose-Bakterien sehr unangenehme Krankheitsbilder hervorrufen, auch erst längere Zeit nach dem Biss. Man kann aber auch sagen: Schwere Verläufe sind zum Glück sehr selten. Vorsorge ist auf jeden Fall angebracht:
– in Wald und Wiese lange Kleidung tragen, gerne hell um die Zecken besser zu sehen, optimal die Socken über die Hosenbeine ziehen
– zur Abschreckung Mittel anwenden, die Insekten und Zecken abschrecken (kann man gut selbst herstellen aus Kokosfett vermischt mit ätherischen Ölen wie z.B. Citronella)
– gegen FSME gibt es eine Impfung
– während des Draußenseins auf Krabbelgefühle auf der Haut achten, Zecken am besten erwischen, bevor sie andocken
– angedockte Zecken sofort bei Entdecken entfernen, mit Zeckenhaken, Zeckenzange, Pinzette oder einfach den Fingernägeln. Denn: Es geht darum, der Zecke möglichst wenig Zeit zu lassen, eventuell vorhandene Erreger in die Wunde zu übertragen. Es ist egal, in welche Richtung man dreht, und man kann auch einfach ziehen. Wenn beim Entfernen der Rüssel steckenbleibt ist das nicht weiter schlimm – der Körper wird ihn selbständig los.
– Einstichstelle beobachten, wenn sie sich übermäßig rötet und sich ein roter Ring zeigt, kann man evtl. direkt Antibiotika einnehmen um die Borrelien zu bekämpfen

Dreigeteilter Stechaparat der Zecke. Durch die mittlere Rinne läuft das Blut in die Zecke. Durch die beiden seitlichen Rinnen gelangt ein örtlich wirkendes Betäubungsmittel an die Einstichstelle und ein Mittel, das die Blutgerinnung unterdrückt.

Ein kurioser Zecken-Fact zum Schluss: Auf Madeira braucht man über Antibiotika nach Zeckenbiss nicht nachdenken. Die Geschichte geht so: Der wichtigste Wirt für Borrelien sind Mäuse. Zecken saugen Blut von Mäusen, nehmen dabei Borrelien auf, und geben sie beim nächsten Biss weiter. Auf Madeira aber leben mehr Eidechsen als Mäuse, Eidechsen sind auch sehr beliebt bei Zecken. Der Clou: Eidechsenblut killt Borrelien!

Männliche Zauneidechse aus Unteröd mit Zeckenbefall. Von der Madeiramauereideche ist bekannt, dass ihr Blut Borrelien in bereits infizierten Zecken tötet. Ob das bei hier heimischen Eidechsen ebenfalls so ist, muss noch geklärt werden.

 

Während und nach dem Vortrag werden noch die Originale aller Geschlechter und Altersstufen bestaunt, die Klaus – wie immer auch mit Mikroskop ausgerüstet – für uns mitgebracht hat. Er schlägt den Mitgliedern zum Abschluss vor, ihm bei Gelegenheit etwas Sand mitzubringen, denn von Schalen der marinen Kleinstlebewesen und Mineralien aus den Ozeanen und Seen soll sein nächster Vortrag handeln.

 

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